Pfarrscheune

 

Brunnenstraße 11
Die Pfarrscheune des ehemaligen Pfarrhofes wurde im Jahr 1728 unter dem Pfarrer Philipp Soldan erbaut und ist mit einer Bauinschrift auf einem Balken auch datiert. Aufgrund ihres Alters und ihres Erhaltungszustandes stellt sie ein eindrucksvolles Zeugnis bäuerlicher Architektur dar. 1948 verlor sie ihre Funktion, als der landwirtschaftliche Betrieb des Pfarrhofes aufgegeben wurde. 1971 erwarb Karl Friedrich Metz den alten Pfarrhof von der Kirchengemeinde. 1999 veräußerte er diesen wiederum an eine Eigentümergemeinschaft, die heute im Besitz des Pfarrhofes ist und die Pfarrscheune dem Verein Schwälmer Dorfmuseum Holzburg dauerhaft zur Nutzung überlässt.

In den Jahren 1957 bis 1959 ließ Pfarrer Heinz Metz die Scheune in das Dorfmuseum Holzburg umbauen. In den Jahren 1960 bis 1962 wurden weitere Räume eingebaut, in denen eine bäuerliche Wohn- und Schlafstube, eine Auszugsstube, eine Küche und mehrere Räume für die Handwerkerkunst entstanden sind. 2006 ließ Günther Schaub den ehemaligen Schafstall, der bis dahin noch in seinem ursprünglichen Zustand war, in einen weiteren Museumsraum umbauen. Zwischen 2004 und 2008 wurde das Haus von einer Helfergruppe unter der Leitung von Günther Schaub grundlegend renoviert.

Heute präsentiert das Schwälmer Dorfmuseum Holzburg in den16 Räumen der Pfarrscheune lebensnah die Welt eines Schwälmer Bauernhauses des 18. Jahrhunderts bis zu dem ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Von der alten Scheune blieb die Deckenverschalung mit dem Eichenschalholz unverputzt, die dicken Eichenbalken und die Außenwände sind noch ursprüngliche Bausubstanz.

In der neuen Museumsanlage ist der Eingang zum  Museum auf die Rückseite der Pfarrscheune verlagert. Die folgende Vorstellung der einzelnen Räume folgt einer thematischen Ausrichtung. Ansonsten ist in dem verwinkelten Gebäude kein Besucherrundgang vorgezeichnet.


 

Ackerbau und Hauswirtschaft

Raum 5 - Acker und Wiese
Der Raum ist dem Thema Acker- und Wiesenbau gewidmet. Der Raum ist noch in seiner originalen Baustruktur vorhanden und zeigt u. a. eine Pitzgertenwand. Neben der eichenen Futterkrippe sind Stallgeräte wie eine handgeschmiedete Mistgabel aufgestellt. Auf der Wand darüber finden sich Anspanngeräte wie Waagscheite, Kummete, Joche. Der Acker- und Wiesenbau ist durch eine Sähmaschine, einen Pflug, Sensen, Rechen, Wetzsteine dargestellt. Die Erntezeit wird dokumentiert durch eine Rapsgabel, einen Dreschflegel und eine Windfege, ergänzt durch eine Kartoffelschütte. An der Wandfläche oberhalb der Sensen und Rechen ist die Grabschippe von 1855 angebracht.

 

Raum 6 - Milch und Brot, Mus und Wurst
Die Tür zu dem ehemaligen Schafstall stammt aus der alten Schule in Schrecksbach. In dem hohen Raum sind Objekte ausgestellt, die zur Nahrungsmittelherstellung gebraucht werden. Die Produktion von Milch zu Butter und Käse und die Produktion von Brot, Fleisch und Wurst, Trockenobst etc. wird dabei veranschaulicht. Der Milchschrank stammt von Strempels Hof (Dietrich) in Holzburg. Es findet sich auch eine Einheit zur Gewinnung von Honig mit den alten Bienenkörben aus Stroh und neuen Bienenkästen aus Holz.

In den Vitrinen an der Wand sind ausgewählte Beispiele an Krügen, Schüsseln und Kannen in verschiedenen Materialien wie Ton, Holz und Weißblech zu sehen. Auch die erlesene Sammlung des Museums an Löffelkörbchen und Salzmetzen ist mit ausgewählten Beispielen präsent. Diese Objekte werden noch durch Lampen, Mörsern und Gewichten ergänzt.

 

Raum 7 - Küche
In dem malerischen Arrangement der Küche kann man eine Vielzahl an Küchengeräten, einen alten rekonstruierten Herd und einen neuen Herd, Tellerborde, einen Brotbaum und vieles andere aus einer alten Küche bewundern. Das Arrangement der Objekte folgt noch ganz der Einrichtungsidee von Pfarrer Metz.

 

Dörfliches Handwerk

Raum 8 - Transport auf dem Land
Die eingebaute Treppe ist dem Lauerschen Hof in Schrecksbach entnommen, das Oberlicht ist aus dem früheren Hahnschen Hof in der Wassergasse in Schrecksbach eingesetzt. In diesen schmalen Raum ist das Transportwesen in vorindustrieller Zeit dargestellt. Die Transportgeräte für den Transport durch Menschen sind ein Joch, eine Kiepe, Korb und Kitzel. Den Transport mit Tieren dokumentieren zwei Wagenräder, eine Wagenheber, ein Waagscheit und ein Kuhkummet.

Raum 9 - Küfer, Schreiner und Wagner
Auf dem Absatz zeigt das Museum eine Werkstatt für die holzverarbeitenden Berufe der Küster und Wagner. Neben einer Werkbank und einer Ziehbank ist eine Vielzahl von Werkzeuge der holzverarbeitenden Berufe zu sehen.

Raum 9 - Schuster
Das Museum verfügt auch über eine komplette Schusterwerkstatt und kann die Vielfalt Schwälmer Schuhwerks demonstrieren von dem eleganten Stiefel bis zum bequemen Plüschschuh. Als technisches Element ist eine Schusternähmaschine zu sehen. Darüber hinaus gibt es eine Kollektion verschiedener Schwälmer Schuhschnallen.

 

Raum 10 - Bernsburger Treppenhaus, Wolle und Schäfer, Korbmacher
Die Treppe mit Geländer aus dem Jahr 1699 stammt aus dem Pfarrhaus in Bernsburg,
die Tür zum Leinweberraum stammt ebenfalls aus dem Pfarrhaus von Bernsburg. Auf dem schmalen Durchgang werden Geräte zur Wollbearbeitung ausgestellt. Die Schippe und das Ärmelding des letzten Schrecksbacher Schäfers sind ebenfalls zu sehen.

 

An dem oberen Teil der Wände findet sich eine reichhaltige Auswahl an Weidenkörben und Kitzel. Die Körbe entstammen zum großen Teil der Kollektion des letzten Schrecksbacher Korbflechters.

Raum 11 - Vom Flachs zu Leinen, der Leinweber
Im Raum finden sich die Geräte zur Flachszubereitung: Reffkämme, ein Botthammer, Brechen, Schwingstöcke, Schwingmesser, Hecheln, Spinnräder und Haspeln. Damit kann die Zubereitung der Flachspflanze zum Leinen verdeutlicht werden. An der Rückwand des Raumes ist ein großer Webstuhl platziert. Zum Webstuhl gehören noch ein Spulrahmen und Haspeln. Der Webstuhl ist komplett eingerichtet und aufgebäumt und kann jederzeit benutzt werden.

 

 

Kirche und Welt

Raum 12 - Kirche und Pfarrei
An der Fensterseite wird das Thema Tod dargestellt  Besonders eindrucksvoll ist die hölzerne Grabtafel des Johann Jost Süßmann aus dem Jahr 1790. Dazu findet man Grabsteintafeln aus Email. Eine große Seltenheit sind die Fotos von verstorbenen Kindern von Pfarrer Heinz Metz. In einer Vitrine ist die große Bibel aus der Holzburger Kirche zu sehen. Weiter an der Fensterseite folgt das Thema Konfirmation. In der Vitrine liegen „Schwälmer Bibeln“ und Konfirmandensterne. Unterstützt wird das Thema durch Fotos von Wolf Lücking aus dem Jahr 1956 mit Schrecksbacher Konfirmandinnen.  

Auf der Innenseite des Raumes sind ein Wintermantel für die Schwälmerin, ein Trauermäntelchen eine Ketzekappe und ein Kneppduch angebracht. Daneben findet sich eine Figur mit der kompletten Kleidung einer Konfirmandin. Diese wird ergänzt durch Eine Figur mit der Kleidung der Konfirmandin am Sonntag Nachmittag. Es folgen männliche Kirchgänger: ein Kirchgänger mit Bromkappe und Wintermantel (Yorks Rock), ein Besucher des Beichtgottesdienstes (Anzeigen) mit blauer Weste, Kamisol und großem Kirchenhut und ein Kirchgänger mit Kirchenmantel und Kirchenhut mit Trauerflor. An der Rückseite hängt ein großformatiger Druck nach dem Gemälde von Karl Banzer „Kirchgang in Willingshausen“.

 

Raum 13 - Tanz und Brautwerbung, Hochzeit und Kindheit
In dem Raum findet man an der Fensterseite Trachtenfiguren eines Hochzeitzuges: eine  Begleiterin des Bräutigams, rot geschappelt, dann die Braut grün geschappelt und der Bräutigam mit der Lust am großen Kirchenhut. Dazu auf einem Sockel ein Kopf, rot geschappelt mit einer Bernsteinkette. Auf der weiteren Abfolge der Wand finden sich als Einzelstücke die Brokatweste aus dem 18. Jahrhundert, ein Ärmelding mit blauer Weste und ein schwarzer Kittel in Grün und ein schwarzer Kittel in Rot. Dazwischen stehen die Figuren  eines jungen Burschen am Sonntagnachmittag und eines Vorreiters mit Reitermantel.

In der Vitrine an der Wand sind Hochzeitsutensilien wie der Liebes- und Brautbrief von 1825 und  kleine Brautgeschenke zu sehen. Die Vitrine birgt darüber hinaus Taufkäppchen, Tritzerkäppchen ein Wiegetuch, Kinderkleidung und Schwälmer Puppen in verschiedenen Größen.

In der Mitte des Raumes steht der Hochzeitsstuhl der Anna Katharina Schmit von 1827.

 

Wohnen und Möbel

Raum 14 - Schlafstube
An der Fensterseite stehen ein große Lade aus Strempels Hof in Holzburg aus dem Jahr 1823 und ein bemalter Kasten. Im Innenraum finden sich ein Himmelbett aus dem alten Schloss in Schrecksbach und ein prächtiger Schrank, der im Jahr1690 hergestellt wurde und von Strempels Hof (Familie Dietrich) in Holzburg stammt. Er ist den Formen eines Frankfurter Schrankes angelehnt. Die Wiege aus dem 18. Jahrhundert ist aus Schusters Haus (Schwalm-Schmidt) in Holzburg, daneben stehen ein Schaukelpferd und noch zwei schöne Brettstühle.

Raum 15 - Wohnstube
An der Fensterseite zum Pfarrhof hin steht die prächtige Schwälmer Lade aus dem Jahr 1734 von Anna Elisabeth Fieser und ein bemalter Gesindekasten aus Fichtenholz. Die Kammertüre mit dem dazugehörigen Kammbrett und der ausgesägte Teil der Zwischenwand stammt aus dem Else-Haus (Lerch) in Schrecksbach, der gusseiserne Ofen mit eleganten Jugendstilornamenten ist von Ringels Hof in Holzburg. Um den Tisch sitzen und stehen vier Trachtenfiguren: eine junge Frau und drei Männer in Kitteln. Auf dem Tisch stehen ein Lichterknecht, ein Nähkästchen und ein Stickrahmen. Daneben finden sich noch eine Nähmaschine und ein Schrank.

 

Raum 16 - Oberer Flur

Die zu dem Dachgeschoss führende steile Treppe aus dem 18. Jahrhundert stammt vom Herrmannschen Haus in Fischbach. In dem oberen Flur sind zwei Schränke ausgestellt: der erste von Anna Katharina Hahn, Schrecksbach, aus dem Jahr 1855, der mit Kirschbaumfurnieren geschmückt ist, und der zweite von Katharina Geisel aus Holzburg. Vor dem Fenster steht ein bunt bemalter Kasten aus dem frühen 19. Jahrhundert.
Vor dem Treppengeländer ist das Thema Waschen dargestellt mit einem hölzernen Waschtrog mit Waschutensilien aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts.

 

Raum 17 - Ellerstube
Im hinteren Teil des Raumes ist eine Ellerstube nachgebaut. Dort steht ein Himmelbett von Wilhelm Schmidt in Schrecksbach, dahinter ist ein Schiebefenster mit Butzenscheiben vom 18. Jahrhundert aus Heidelbach eingebaut. Ein Tisch mit Utensilien, eine Gesindetruhe und eine Brettstuhl aus dem 18. Jahrhundert vervollständigen das Ensemble. Zwei lebensgroße Puppen zeigen die Kleidung alter Menschen, die sich nach der Hofübergabe im Austrag befinden.

Im vorderen Teil der Stube sind nicht zur Einheit „Ellerstube“ gehörend noch ein Schrank in Bierfarbe, ein Kredenz, eine prächtige Lade aus dem 18. Jahrhundert und ein Ofen zu sehen
Die Tür zum Bernsburger Treppenhaus (18. Jh.) stammt aus dem Schloss in Schrecksbach und weist ein prächtiges eisernes Schloss aus dem 18. Jahrhundert auf.

 

 

Haus und Hof

Raum 18 - Holzburger Treppenhaus, Bildergalerie
In das Treppenhaus sind drei verschiedene Treppen eingebaut. In der Folge des Abwärtsgehens kommt zuerst die Treppe von Eckerotshof in Holzburg, dann die mittlere von Günther, Holzburg. Die kleine untere Stiege stammt von dem Stütz’schen Haus in Schrecksbach. Das ausgesägte Treppengeländer stammt aus der Kranzmühle Schrecksbach von 1717. Im Treppenhaus werden wechselnde Ausstellungen von Fotografien mit dem Thema „Alltagsleben in der Schwalm“ gezeigt.

 

Raum 19 - Häuser und Bauen
Nur von hinten betrachten kann man die Eingangstür der Kranzmühle von Schrecksbach um 1700, die den alten Eingang zum Dorfmuseum bildete. Daran angebracht das Schlittengeläut aus dem Greinschen Hof in Holzburg.  Daneben findet sich noch eine schöne doppelte Türe aus dem 17. Jahrhundert aus Leimbach. Die gefasste Türe von 1732 stammt vom oberen Schottenhof in Schrecksbach. Daneben steht eine Holztüre vom Lahrschen Haus (heute Hahn) aus Holzburg, die wohl am Beginn des 19. Jahrhundert gefertigt worden ist. Die Türe zur Küche stammt vom Kellerschen Hof in Holzburg von 1648. Der unterhalb der Treppe eingebaute gotisch anmutenden Türbogen aus dem 15. Jahrhundert war ursprünglich in dem Hermannschen Haus (früher Roths Hof) in Fischbach verbaut. Die Balken daneben stammen vom Mest’schen Haus in Fischbach um 1710. Der Türsturz mit dem jüdischen Segensspruch aus dem Haus des Aaron Spier aus Merzhausen (Judengasse 4) ist aus dem Jahr1800 datiert. Dazu sind noch vier Feierabendziegel aus dem 18. und 19. Jahrhundert zu sehen.

 

 

Schwälmer Werk

Raum 20 - Schwälmer Werk, Kleidung und Weißstickerei
In den Tischvitrinen sind Teile der exquisiten Sammlung des Museums an Brustlappen und Brettern vom 18. und 19. Jahrhundert zu sehen. Die große Mittelvitrine birgt eine Fülle von Teilen des Schwälmer Werks insbesondere die exquisite Sammlungen von Ecken, Kappen und Schnüren vom 18. bis zum 20. Jahrhundert. Es finden sich auch Trachtenteile von der benachbarten Trachten aus dem z. B. Hinterland, Marburg, Katzenberg, und vom Amt Schönstein. Darüber hinaus sind auch Haubenschachteln, Wäscheplätscher und Bügeleisen zu sehen. In der großen Raumvitrine an der Gartenseite des Raumes sind die Figuren einer jungen stolzen Schwälmerin in Rot, einer verheirateten Schwälmerin in Grün, einer älteren verheirateten Schwälmerin in Blau aufgestellt. Dazwischen stehen zwei kleine Mädchen in Rosenkleidchen, eines davon in einer Kinderkanzel (Laufställchen).

In der Wandvitrine ist die sehr bedeutende Sammlung von Schwälmer Weißzeug vom 18. Jh. bis zum 19. Jh. zu sehen. Herausragend sind dabei die Kissenzich aus dem frühen 18. Jahrhundert mit den Tulpenmotiv und der Peel mit der Filetstickerei mit zwei Pfauen aus dem 14. Jahrhundert, das als Zweitverwendung in den Peel integriert wurde.